Christoph Seelinger
Projektbeschreibung
Projekt 1:
Ausgehend von der Diskussion mit einem Benediktinermönch, ob es in der säkularen Moderne so etwas wie eine genuin katholische Kunst überhaupt noch geben könne, bejaht vorliegende Arbeit diese Frage nicht ohne Ironie.
Die Lebens- und Leidensgeschichte Jesu Christi wird anhand ihrer beider wichtigsten Stationen, nämlich der Geburt in Bethlehem und der Kreuzigung auf Golgatha, unter Verwendung einfachster , jedoch symbolträchtiger Materialen dargestellt. Ein ausgehöhltes, priesterlich geweihtes Brot fungiert als Krippe, in der eine stilisierte Christkindfigur sich scheinbar schwerelos erhebt, um sich, oberhalb des Stalldachs, als Gekreuzigter zu manifestieren, der über zwei überkreuzten Hühnerknochen thront.
Bethlehem, was aus dem Hebräischen übersetzt so viel wie „Haus des Brotes“ bedeutet, das Brot als, zumindest im Katholizismus, nicht bloß Symbol für den Leib Christi, sondern seine tatsächliche Manifestation, ein Stück Holz, das dem Querbalken eines Kreuzes ähnelt: alle diese Elemente verweisen auf ein hintersinniges Spiel mit religiöser Metaphorik, die in ihrem eigentlichen Wortsinn begriffen wird und diesen plakativ-objekthaft übersetzt. Der im europäischen Kulturkreis ungebrochene Einfluss katholischer Kunst wird in eine neue, durchaus sinnliche, weil nicht über Schrift/Sprache, sondern die Sinnesorgane des Betrachters vermittelte Darstellungsweise überführt, deren Wertung (Blasphemie?, Frömmigkeit? Till-Eulenspiegelei?) sich subjektiv von Rezipient zu Rezipient unterscheidet.
Projekt 2:
Die Grotte von Massabielle, in der dem Mädchen Bernadette im Frühjahr 1858 die Heilige Jungfrau erschienen sein soll, besteht aus einem ausgehöhlten, geweihten Brotlaib, der auf dem Seitenstück einer Grabsteinplatte angebracht ist und den eine kitschige, in einem der zahlreichen Touristenshops des Pilgerorts erstandene Figurengruppe erfüllt. Moos und Pilze lagern um die Grotte und verleihen dem Objekt eine märchenhaft-kindliche Rahmung. Am Rücken des Brotlaibs ist, versteckt unter einem Pilz, eine Lampe installiert, die, verbindet man ihre Kabelenden mit einer Batterie, die Gottesmutter im Innern mit einem sakralen Schimmer versieht.
Im Auge des jeweiligen Betrachters liegt die Antwort auf die Frage, wo Sinnlichkeit, Kunst, Kitsch ihre Grenzen haben, wo sie ineinander übergehen, wo sie sich gegenseitig nivellieren.
Kurzvita/
Geboren am 11.5.1987 in der Arbeiterstadt Ludwigshafen am Rhein, studierte Christoph Seelinger von 2007 bis 2012, unterbrochen von mehreren Auslandsaufenthalten, im benachbarten Mannheim Germanistik und Geschichte auf Basis eines Bachelor of Arts. Seit 2013 lebt er in Braunschweig, wo er an der Technischen Universität seinen Master in Germanistik und Philosophie macht und parallel an der Hochschule für Bildende Künste einem Diplom-Studium der Freien Kunst nachgeht.