Gerhard Sternitzke
Vom Wesen der Bäume
“Regungslos war ich, Baum mitten im Wald / Und wusste die Wahrheit nie gesehener Dinge“, sagt der amerikanische Dichter Ezra Pound*. Wer in den Wald geht, taucht in eine andere Welt ein – eine Welt der Märchen, der tieferen Einsichten, des Einsseins mit der Natur. Gerhard Sternitzke kennt die Wälder auch abseits der Wege. Mit Stativ und Laufbodenkamera spürt der 47-jährige Salzhäuser dem Wesen der Bäume nach.
Seine poetischen Schwarzweiß-Fotografien zeigen letzte Naturwaldinseln in den Forsten der Heide ebenso wie lichte Birkenhaine, intime Baumporträts oder Spuren einer Durchforstung. Sternitzkes helle Schwarzweiß-Abzüge reduzieren die Abbilder der Natur auf zarte, wie gezeichnete Linien – Sinnbilder des Lebens: Wachstum, Alter, Krankheit und Tod werden als graphische Strukturen sichtbar.
Mit der Serie “13 mal 18”, gemessen in Zentimetern, stellt sich Sternitzke gegen den gegenwärtigen Trend zu immer größeren Fotodrucken. Ohne Verschluss, nur mit dem Objektivdeckel einer 100 Jahre alten Plattenkamera, belichtet er direkt auf das Fotopapier. Die Unikat-Fotografien zeigen die Wirklichkeit, wie sie von den lichtempfindlichen Silbersalzen abgebildet wird: Wo Licht auftrifft, schwärzt sich die Emulsion, wo es fehlt, bleibt sie weiß. Die in Zeiträumen von mehreren Sekunden bis Minuten erzeugten Aufnahmen sind existenzielle Annäherungen an die Bäume und Sträucher, die sich vor der Linse befanden.
Wie Faltungen oder Collagen erscheinen die neuesten Arbeiten, die das alte Genre des Panoramas variieren. Sie versammeln jeweils drei bis vier Waldszenerien auf einem Großformatnegativ, wobei die Fiktion des Panoramas von einem Standort durchgehalten wird. Durch die Überlagerung der Bilder werden einzelne vegetabile Strukturen hervorgehoben, andere durchbrochen. Dieser nur bedingt planbare Vorgang wird nicht nachträglich manipuliert.
Informationen: www.langsamebilder.de
* Aus dem Gedicht „The Tree“, zitiert nach Wikiquote.